Präambel

Das DDR-Hörspiel.

Schon seit einiger Zeit wird gefordert, den allgemeinen Zugang zum audiovisuellen Erbe zu ermöglichen. Es sei „ein zentraler Bestandteil der demokratischen Mediengesellschaft, da es soziale und politische Prozesse im Alltag und in der Nahwelt der Menschen abbildet“. So eine Verlautbarung des Studienkreises Rundfunk und Geschichte, einer interdisziplinären Vereinigung von Wissenschaftlern, Forschern, Archivaren und Praktikern der Medienlandschaft.

In diesem Sinne unternahm der RBB den Versuch, das DDR-Hörspiel aufzuarbeiten, d.h. die Bestände auf ihre Sendbarkeit zu überprüfen.
Daraus ergeben hat sich ein Kompendium von ca. 500 Stücken, die ich, als fachkundige Beauftragte für unmittelbar sendbar hielt.
Die Auswahl war zu treffen aus ca. 10.000 Blatt Text, die mir das DRA Potsdam zur Verfügung gestellt hatte und die etwa 8.000 Produktionen für die Jahre 1945 – 1991/92 entsprechen.

Diese Auswahl zu erweitern und dem oben genannten Mangel wenigstens teilweise abzuhelfen ist Anliegen und Ziel dieser Arbeit.
Sie ist natürlich subjektiv, in mehrerlei Hinsicht.
Zum einen ist ihr Fokus das sogenannte Abendhörspiel. Dessen gesamte Produktion umfasst etwa 2.000 Stücke. Das Kinderhörspiel, das Feature, Krimis, besonders der Reihe „Tatbestand“, die Unterhaltenden Sendereihen (z.b. Neumann, 2x klingeln) und die Produktionen der späteren Abteilung Internationale Funkdramatik fanden hier nur in Ausnahmefällen Aufnahme.

Dahinter steht die Absicht, das DDR-Hörspiel in seiner Kernkompetenz abzubilden. Ein praktischer Zugriff auf die Tonträger ist über das Deutsche Rundfunkarchiv Potsdam möglich, wo die Bestände aus der DDR liegen, sorgfältig aufgearbeitet und digitalisiert. Aus diesem Grund sind auch die Archiv-Nummern beibehalten worden. Die Zuordnung hier erfolgt nach Produktionsjahren.
Stücktitel und Autorennamen können über die digitalen Suchfunktionen ermittelt werden.
Verzichtet wurde auf das Kompendium von Sendedaten, Dramaturgen, Technikern.

Zur raschen Erkennnung von Inhalten gibt es eine erweiterte Headline (rot), die Zeit, Ort und Gegenstand des Stückes angibt. Hervorhebenswerte Namen von Komponisten, Schauspielern und Regisseuren (…) wurden ebenfalls rot markiert, und es wurde, falls bemerkenswert, die Anzahl der Wiederholungen ausgewiesen. Die offiziellen Argumentationen zu den Stücken, oft eine Mischung aus künstlerischen und politischen Aspekten, sind zur Kenntnisnahme beibehalten worden.

Unnötig zu sagen, dass sich diese nicht als wissenschaftliche Arbeit versteht, wenngleich sie zu einer solchen herangezogen werden könnte.
Unnötig auch zu erwähnen, dass die Bezeichnung „DDR-Hörspiel“ nicht ganz korrekt ist, insofern die DDR ja erst 1949 gegründet worden ist. Die Produktionen der Zeit davor entstanden also in der Vier-Sektorenstadt Berlin, in der Sowjetischen Besatzungszone bzw. in einem historisch schwer zu benennenden Raum, um dessen Definition sich Historiker bemühen sollten.

Das Hörspiel in der DDR ist ganz ohne jeden Zweifel ein einmaliges Stück künstlerischer und politischer deutscher Zeitgeschichte. Als solches kann und sollte es in die aktuellen Programmentscheidungen der Sender stärker einbezogen werden, nicht zuletzt auch wegen seiner urheberrechtlichen Sondersituation. Dazu möge diese Arbeit hilfreich sein.

Ps: Und schließlich: Wie sagte der eben aus Wien in die DDR „heimgekehrte“ Hanns Eisler zu dem ebenfalls, wegen seiner „Umsiedlerin“, schwer gescholtenen Heiner Müller: „Sei froh, in einem Staat zu leben, in dem man Literatur so ernst nimmt…“! Dieses Gemisch aus Abscheu und Zuneigung !!
bpl (2019)

Verwiesen sei zum Schluß noch auf die kenntnisreiche, aber kritisch zu hinterfragende Arbeit von Sibylle Bolik „Das Hörspiel in der DDR: Themen und Tendenzen“, phil.diss.1993, Köln. Ersch. 1994 im Verlag Peter Lang, Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte, Band 43.